Es ist nur eine kleine Geschichte, aber sie hat mir gezeigt, wie real die Beeinflussung der deutschen Öffentlichkeit durch russische Propaganda ist. Und die mir sagt, wie groß die Gefahr ist, dass sich durch diese Beeinflussung die Spannungen in der deutschen Gesellschaft verstärken. Es ist eine strategische Priorität des russischen Regimes, Deutschland zu destabilisieren.
Das ist schlau, denn es gibt hier den richtigen Hebel. Deutschland ist das wichtigste Bindeglied zwischen den USA und den anderen europäischen Staaten und maßgeblich für das Verhältnis “des Westens” mit Russland verantwortlich. Außerdem gibt es gerade im Osten Deutschlands viele Menschen, die von der Sowjetpolitik geprägt wurden und große Sympathien für den starken Mann in Moskau hegen, sowohl Ost- als auch Russlanddeutsche. Diese Gruppe versucht Moskau zu instrumentalisieren.
Europa zu diskreditieren und zu destabilisieren, ist wichtig für Putin. Je mehr Chaos auf der Welt herrscht, umso mehr Legitimation hat seine autoritäre Führung. Je mehr die USA und “Gayropa” beweisen, dass Liberalität in Aufruhr und gesellschaftliche Spannungen führen, umso stärker erscheint sein Regime. Diese Erkenntnis macht wenig Mut für die so notwendigen Friedensprozesse in der Ukraine und in Syrien. Russland ist in beiden Konflikten der entscheidende Spieler und hat in beiden Fällen kein Interesse an einer Lösung.
Wie offensichtlich die Bemühungen Russlands sind, in Deutschland Unfrieden zu stiften, merkte man zuletzt am “Fall Lisa“. Solche Fälle werden wir in Zukunft öfter erleben, und immer wird es dabei um eine unklare Faktenlage mit dem einhergehenden Vorwurf der Vertuschung durch deutsche Medien und die Beteiligung von russischstämmigen Menschen/Minderjährigen/Mädchen gehen. Wer weiß, vielleicht ist das Wort “Lügenpresse” ja tatsächlich eine Erfindung des russischen Geheimdienstes?
Dass Russland in ganz Europa rechte Parteien unterstützt ist kein Geheimnis und immer dienen diese Rechten auch in der Heimat als Zeugen des europäischen Niedergangs. Medien wie “Sputnik” und “Russian Times” haben einen Propagandaauftrag in Deutschland. Schon die sogenannten Montagsdemos gegen den Krieg in der Ukraine wurden von Russland unterstützt. Sie sind dann in die Pegida-Bewegung übergegangen und institutionalisieren sich gerade mit der AfD. Die deutschen Geheimdienste tun gut daran, diese Bewegungen zu überwachen, nicht nur wegen ihrer immanenten Verfassungsfeindlichkeit, sondern auch wegen ihrer Instrumentalisierung durch Russland.
Die Beeinflussung funktioniert also auf mehreren Ebenen: Mit der Unterstützung rechter Bewegungen, der Skandalisierung von Ereignissen auf höchster Ebene, der Installation von eigenen Propaganda-Plattformen. Und es gibt noch eine tiefere, perfiderer Ebene: Die Troll-Netzwerke.
Und hier kommt meine Geschichte. Dieser @nastassja Account gehört zu einem russischen Troll-Netzwerk. Inzwischen wurde ich geblockt, aber hier ist ein Screenshot unserer ersten Unterhaltung:
Wenig später kommentierte ich einen weiteren Tweet. Konnte sich “Anastasia” im ersten Thread noch ganz gut artikulieren, hat beim zweiten Mal wohl jemand aus der zweiten Reihe übernommen, der des Deutschen nicht ganz so mächtig ist:
Zunächst war ich fast erleichtert, weil ich dachte, vielleicht ist ja ein großer Teil der Hetze im Netz eigentlich russische Propaganda. Im Endeffekt ist es aber schockierend, mit welchen Mitteln der Propagandakrieg geführt wird. 13-Jährige Mädchen werden instrumentalisiert und das deutsche Netz ist von Verstärkern des Hasses durchzogen, um ein korruptes Regime zu stabilisieren. Willkommen, Globalisierung, das ist wirklich unheimlich.
Was muss nun passieren? Wir müssen viel deutlicher werden! Sie werfen der Presse Lügen und Manipulation vor? Ja, dann müssen wir eben sagen, wofür wir stehen, auch Journalisten! Der Liberalismus darf nicht den Fehler machen, grenzenlos die eigene Diskreditierung zu dulden. Sie schicken Trolle? Dann zeigen wir auf die Trolle! Wir wägen ab? Ja, aber wir brauchen auch eine ganz klare Haltung! Gegen die Diskriminierung, für die Vielfalt! Gegen die die Verschwörung, für die Transparenz. Gegen Hass und Hetze, für Vertrauen und Offenheit. In aller Deutlichkeit. Sie denken, sie haben recht? Haben sie aber nicht.
Wir müssen die Freiheit stark machen. Wenn sie denken, unsere Werte seien weich, dann werden sie verstehen müssen, dass die Freiheit stärker ist als die Unterdrückung. Mit klaren Worten und Entschlossenheit.
Heute ein gewonnener Kampf gegen einen Troll. Und danach einer nach dem anderen.