Kann man schlimmer verlieren als Christoph Keese?

Das Leistungsschutzrecht kennt (fast) nur Verlierer: Die Verlage haben sich lächerlich gemacht, die Regierung hat sich von Lobbyisten an der Nase herum führen lassen, andere Parteien sahen dabei auch nicht gut aus und Netzaktivisten haben ihre Zeit verschwendet. Es wurde ein Gesetz verabschiedet, das erst niemand brauchte und das kurz nach der Einführung von denen desavouiert wird, die jahrelang dafür gekämpft haben. Allen voran der Lobbyist Christoph Keese, der nun wie der allergrößte Idiot da steht. Schlimmer verlieren kann man eigentlich gar nicht. Oder doch?

Aber von vorn. Hier eine kurze Zusammenfassung für die, die nichts vom sogenannten Leistungsschutzrecht (LSR) mitbekommen haben: Die schwarzgelbe Regierung hat auf Drängen einiger Nachrichtenverlage ein Gesetz verabschiedet, mit dem bereits kleinste Textausschnitte und Überschriften als Leistung geschützt werden und von allen, die solche Snippets verwenden lizensiert und vergütet werden müssen.

Diese Regelung zielt ganz klar auf Aggegratoren wie Google News oder Rivva, die solche Anrisse in einer Übersicht präsentieren, von denen es dann zu den Langversionen weiter geht. Google verdiene sehr viel Geld mit der Leistung von anderen, wurde argumentiert, und davon hätten die Verleger gerne einen Teil. Google nahm dies zum Anlass, die größte politische Kampagne in Deutschland zu fahren, inklusive Werbung auf Kopfstützen von Taxis mit der Message: “Taxifahrer müssen ja auch nicht zahlen, wenn sie Kunden zum Restaurant bringen”.

Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer “Public Affairs” bei Springer war dabei der lauteste Kämpfer pro Leistungsschutzrecht, stritt sich öffentlich mit Kollegen wie Kai Biermann und Stefan Niggemeier, überredete Feuilleton-Journalisten, die keine Ahnung haben, lange Sermone über den Niedergang des Qualitätsjournalismus zu schreiben und war sich für keine Panel-Diskussion zu schade. Dass sich ausgerechnet ein Springer-Mann für “Qualitätsjournalismus” einsetzt, wirkte zu dem Zeitpunkt schon merkwürdig. Besonders perfide auch: Es geht nur um Verlage, Urheber und Autoren sind bei diesem Gesetz überhaupt nicht Thema.

Aber weiter mit der Geschichte. Schließlich wurde das LSR mit unklarer Formulierung verabschiedet, die SPD sperrte sich im Bundesrat auch nicht dagegen und alle fachkundigen Menschen schlugen die Hände über dem Kopf zusammen. Außer Google. Die schmissen einfach alle Quellen aus Google News und fordern nun einen expliziten Opt-In. Mit dem Effekt, dass anschließend fast alle Verlage servil bei Google an der Tür kratzten, weil sie auf den Traffic des Suchgiganten nicht verzichten wollen. Und am Ende auch: alle Springer-Titel.

Ja, was denn nun??!!, fragt sich der Beobachter. Wie kann man jahrelang für eine Regel streiten und diese dann, wenn man es geschafft hat, direkt ad absurdum führen? Ist das so wie das Spielzeug, das Kinder direkt kaputt machen, wenn sie es bekommen, nach monatelangem Quengeln? Und was heißt das für Christoph Keese? Das ist doch ein Tritt in den Arsch, ein dickes “Fuck You” seiner Kollegen, oder? So richtig nervig ist das aber für Aggregatoren wie erwähntes Rivva, an die sich keiner ranwanzt, weil sie nicht die Größe von Google haben, sondern jetzt mit der unklaren Rechtslage leben müssen und daher die Snippets abschalten.

Und was macht Christoph Keese? Richtig. Er macht selbst einen Aggregator. Noch einmal: Wie absurd ist das denn?!

Google kann sich nun lächelnd zurück lehnen und sich noch stärker fühlen als je zuvor. Wieso konnten die Verleger nicht einen Deal aushandeln wie in Frankreich? Wie kann man das nicht schaffen? Die eigentlichen Verlierer, neben der Politik, die sich hat vorführen lassen, sind die Kleinen, so wie Rivva. Das ist schade und das alles bestätigt leider die vorherige Einschätzung: “Es stärkt Starke und schwächt Schwache.” Und diese Niederlage ist noch schlimmer als die von Christoph Keese.