Alma

Bildschirmfoto 2013-02-04 um 16.40.20Es ist eine schockierende, verstörende und bedrückende Lebensbeichte, die Alma in dieser Dokumentation ablegt. Sie sitzt vor der Kamera und erzählt von ihrer Vergangenheit als Gangmitglied der Maras in Guatemala. Sie spricht, zittert, weint, fasst sich wieder, versinkt in sich. Die Geschichte beginnt mit ihrem ersten Mord, danach erzählt sie von ihrer Kindheit, wie sie in die Gang kam, von ihrem Alltag mit Schutzgelderpressungen und Drogendeals, von Liebe, Flucht, Rückkehr und dem Versuch auszusteigen.

Alma zuzuhören schnürt einem die Kehle zu. Geschichten über Gewalt, Willkür, Perspektivlosigkeit, Kriminalität gibt es so viele, meist aber sind die abstrakt. Das einzelne Schicksal mit all seinen Details und all seiner Härte ist aber eindrucksvoller als Statistiken oder Nachrichten. Es zeigt die Spiralen, die Lebensläufe, die sich so millionenfach auf der ganzen Welt abspielen. Mich hat vor allem das Banale daran schockiert und die Wendepunkte an denen alles auch ganz anders hätte laufen können.

Wenn Alma erzählt und sich erinnert wird ihr, ohne dass sie es explizit sagt, klar für was sie ihr Leben geopfert hat. Für nichts. Weder ist sie besonders reich oder besonders frei geworden, hat nicht im Glamour gelebt, sondern ein paar Augenblicke der Macht über Schwächere und ein kurzes Aufzucken der Selbstbestimmtheit ihren Eltern und ihrer perspektivlosen Situation gegenüber erlebt. Mit 15 hat sie ihr Leben geopfert für ein Leben in Abhängigkeit von den Gangbossen, in Schuld und schließlich im Rollstuhl.

Arte TV erzählt diese Geschichte in einem sehr gut gemachten Webspecial und einer noch besser gemachten App für Android und iPad. Während Alma erzählt, können wir hier auf einer Parallelspur Impressionen aus Guatemala, Clips und Zeichnungen sehen. Die Geschichte bekommt eine sehr dichte Struktur, die gezeigten Bilder vermischen sich mit Almas Worten im Kopf zu einer eigenen visuellen Vorstellung der Ereignisse.

Entweder Broder – eine schmerzhaft witzige Deutschland Doku

Er ist ein fieser Zyniker, aber leider sehr komisch. Wenn Henryk M. Broder, polnischer Jude, zusammen mit Hamed Abdel-Samad, deutsch-ägyptischer Ex-Islamist mit einem bunten Auto durch Deutschland fährt, legen die beiden die Absurditäten unseres gut organisierten Landes frei. “Entweder Broder – die Deutschlandsafari” ist eine Reihe von Vor-Ort-Interviews, unterbrochen durch Reflektionen der beiden im Auto, hinter Wunderbaum und auf Leoparden-Sitzbezügen, die an den Stellen genauer hinschauen, an denen Menschen denken, sie hätten das Gute und Richtige verstanden.

Es gibt zwei Staffeln, das Video unten ist die allererste Folge. Ich habe noch nicht alle Folgen der ersten Staffel gesehen, aber die zweite scheint mir etwas feinsinniger zu sein, in der ersten zieht Broder noch als Stele verkleidet los, um sich unter die Geburtstagsfeier des Holocaust-Mahnmals zu mischen. Aber es ist eben auch sehr komisch.

Die Interviews sind gut, die beiden schaffen es, die Menschen frei zum sprechen zu bringen und dabei die kleinen und großen Merkwürdigkeiten von Nazis, Verschwörungstheoretikern, Weltrettern und Armutsbekämpfern zu Tage zu bringen. In er zweiten Staffel treffen wir einen Berufsdemonstranten, besuchen UFO- und Klimakongresse, Claudia Roth beim Shoppen, einen Hartz4-Anwalt, der Geld vom Staat bekommt, egal ob er verliert oder gewinnt, einen Zauberer, der sehr strenge Auflagen für sein Kaninchen bekommt und schauen einer gymnasialen Klima-AG zu. Wenn die Kinder dann freudestrahlend erklären, dass sie unangemeldete Besuche in den Klassen machen und aufschreiben wer nicht richtig lüftet, wird einem doch etwas mulmig zumute. Mulmig wird es auch schon in der erstem Folge, bei diesem, im Video zu sehenden Cafe-Betreiber, der sehr eigen zwischen dem Muslim-sein für Männer und der Ansprüche an Frauen unterscheidet: “bei der Frau geht dann eben die Ehe, Charakter, äh, wie heißt das, äh, der Ruf kaputt”. Kein Sex vor der Ehe für die Frauen, aber Sex für die Männer, ja wie soll das denn rein logisch überhaupt gehen?

Das ganze geschieht jedoch eigentlich nicht ohne Herz und Menschenliebe, die vorgestellten Personen kommen fast allesamt ganz gut weg, eine Abreibung bekommen dabei die dahinter steckenden Menschenbilder und Weltanschauungen, sowie die Bürokratie, das System, das sich dadurch am Laufen hält. Heimlicher Held der vier aktuellen Folgen, die es zur Zeit in der Mediathek zu sehen gibt, ist Gunther Gabriel, Schlagersänger und Aufstehmännchen, der erzählt, was er alles gemacht hat um über die Runden zu kommen, ohne den Glauben an sich zu verlieren. Diesen Self-Made-Man findet Broder natürlich klasse: “Das ist wie eine Therapiestunde, man geht rein und kommt gut gelaunt wieder raus”. Tatsächlich finde auch ich Gabriels hemdsärmeligen Unternehmungsgeist durchaus inspirierend.

Man kann von Broder halten was man will, er provoziert gerne, ist öffentlichen Personen gegenüber rücksichtslos, kommt nie ohne Nazi-Vergleich aus, ist radikal liberal bis hin zur Toleranz der Intoleranz bzw. umgekehrt, leugnet den Klimawandel leidenschaftlich und hat äußerst selten konstruktive Vorschläge für die Gesellschaft, die er permanent seziert und kritisiert. Aber mit diesen spöttische Autopsien bringt er zumindest mich an einen Punkt, an dem ich erst zusammen zucke, mich dann aber doch dafür entscheide zu lachen. Und zu lachen, und vor allem über sich zu lachen, macht die Welt sicher auch nicht schlechter. Und Broder schließlich doch noch zum Weltverbesserer.

Vote for the next tv production

German tv channel ZDF Neo is conducting an interesting experiment: On tvlab.zdfneo.de you can watch 10 shows and decide which one you would like to see as a regular on tv. We have a movie magazine, a puppet show, a stand up live format, a dating show, a very personal magazine and many other creative intents to create a contemporary tv show. Users can vote in different categories like innovation until the 3rd of september.

TVLab - Schau doch was du willst!

I like the puppets, the Bambule magazine, “Wie geil ist das denn” with a very funny and charming Caro Corneli and of course support my buddy Nilz. Here is the trailer (in German)

I like the idea and am pretty sure that we will see more of this crowdtested shows on tv in the future.

Boiler Room

Boiler Room is a regular livestream from a very small club in London. They do a good job bringing interesting people in like Four Tête, James Blake, Mount Kimbie, Martyn, Theo Parrish, Jamie XX or Little Dragon who play their favorites and edgy tracks. It is watched and discussed simultaneously online and they have a nice podcast running.

I tuned into today’s (tuesday, 19/02/2011) show to listen into the Black Acre session with @bluedaisytwit, @FM_Fox and @Hyetalmusic. To sum it up: Interesting new sounds, I especially liked the Fantastic Mr Fox, cool to watch the musicians editing plus I really got this live feeling: seeing some people dancing in the background, watching the musicians, with a twitter stream, facebook and ustream chat boxes all around the video and people constantly writing stuff.

Mostly people write that they are there watching it, but sometimes also commenting the music, sharing links, tweeting to the bands. Who, and this makes the concept interesting, are mostly also on Twitter and get linked to by the boomboxtv account or by one of the founders and organizers Thristian Richards. But while most performers have accounts, only a few of them would check the discussion while doing music, I assume.

To be honest, there was no real discussion it was more the feeling to be watching the same stuff at the same time that made the experience interesting. And of course, the intimacy of being somehow at a living room party, like you can see in this video, Hudson Mohawke playing a 90ies classics Hip Hop set.

In a Time Out magazine article, Blaise Bellville, the other cofounder, talks about up to 25k viewers when James Blake was on, in this video interview Thristian Richards talks about the concept behind it. Richards is also a dj and Belville used to run “Platform”, a web magazine. It’s offline now, pointing to a new project called Leisure only but I found a nice readplatform.com snapshot from the Wayback machine.

The club is now located at Corsica studios, a small venue inside of railway arches near Elephant & Castle, maybe on their Facebook there is a chance to be invited to the actual performances.